Ekin Fil
Ghosts Inside
LP HMS 042


Groove.de

August 2017

Eine nicht weniger wirksame Technik der klanglichen Seinsvergessenheit liegt in Unschärfe und Zerfall, in Hall, Echo und Verzerrung. Klänge zu verschleifen, verwaschen, verbeulen oder verziehen, zieht unmittelbar emotionale Register von Melancholie, Nostalgie bis hin zur Morbidität. Sie ist eine der wichtigsten Quellen aus denen sich die Wirkmächtigkeit von Shoegaze, Gitarren-Drone und nicht wenigen modernen Ambientklängen speist.

Die Lo-Fi Geschmacksrichtung dieser Art von Psychedelia hat Liz Harris erfunden als sie unter dem Alias Grouper ihre bis ins extrem introvertierten Folksongs mit einer ins unkenntliche verhallten Stimme und einer Batterie von Gitarrenpedalen zu einer neuartigen Form von Ambient werden ließ. Die Istanbulerin Ekin Üzeltüzenci alias Ekin Fil hat diesen Sound aufgenommen und auf einzigartige Weise weiterentwickelt, unter anderem indem sie Elemente der traditionellen Musik ihrer Heimat in die wabernden Gitarrenwände integrierte. Ihr drittes Album Ghosts Inside (The Helen Scarsdale Agency) sublimiert ihren zwischen Wut und Verzweiflung schwankenden Unmut über die politischen und soziokulturellen Entwicklungen in ihrem Land, und die privaten Tragödien in ihrem Leben, in schmerzhaft schöne Elegien. Die beiläufige Anmut und Kraft dieser Ambient nahen Popsongs folgt aus ihrer Welthaltigkeit, in der verwehte Echos von Polizeisirenen, das gewittrige Ploppen altgedienter analoger Filter und Effektgeräte und unterschwelliger Verkehrs- und Stadtlärm ihren Sound bereichern.